Stiftung OST-WEST-BEGNUNGSSTÄTTE Schloss Biesdorf e.V.
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Stiftung OST-WEST-BEGEGNUNGSSTÄTTE Schloss Biesdorf e.V.

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Verein: Presse

Berliner Zeitung, 11.05.2001

"Spurensuche" im Schloss
Geschichte des mehr als 130 Jahre alten Gebäudes an der Straße Alt-Biesdorf wird jetzt erforscht

Von Birgitt Eltzel

Geschlagen und getreten wurde der Eisenbahner Richard Pechardscheck, drei Tage im Schlosskeller von den Nazis verhört und gequält, erinnert sich seine Ehefrau Irene. Der 1989 verstorbene Biesdorfer wollte sich in den letzten Kriegstagen 1945 nicht zum so genannten Volkssturm einziehen lassen, einem Aufgebot von gerade dem Kindesalter entwachsenen Knaben und älteren Männern. "Damit werden sie wohl kaum noch den Krieg gewinnen, hatte mein Richard gesagt." Ein Denunziant verriet Pechardscheck. In der Nacht wurde er abgeholt und ins Schloss Biesdorf gebracht, wo sich damals ein Polizeirevier und das Quartier der NSDAP-Ortsgruppe befanden.

Post aus Dänemark
Irene Pechardscheck hat die Geschichte ihres Mannes erzählt. Die 81-Jährige ist eine von 14 Zeitzeugen, die sich auf einen Aufruf des Fördervereins für das Bezirksmuseum gemeldet haben. Der Verein ist auf "Spurensuche" zur Geschichte des 1867 errichteten Schlosses Biesdorf. Vorsitzender Günter Peters: "Über die Entstehung wissen wir recht viel, auch über die jeweiligen Besitzer." Über das Geschehen in den letzten Kriegstagen gebe es aber bisher so gut wie keine gesicherten Erkenntnisse. Ungeklärt sei beispielsweise, wie das Schloss am 21. April 1945 in Brand geriet. Dabei wurde das Obergeschoss völlig zerstört. Bis heute ist es nicht wieder aufgebaut worden. "Wir haben viele Anwohner befragt - es gibt zwei Legenden", sagt Peters. Während Historiker von Brandstiftung durch NSDAP-Mitglieder ausgehen, hält sich in Biesdorf hartnäckig ebenfalls das Gerücht, dass das Gebäude von der Sowjetarmee beim Sturm auf Berlin angezündet wurde. Bewiesen ist keine der Versionen.

Deshalb habe sich der Förderverein gefreut, als via Internet aus Dänemark Post kam, sagt Peters. Unter dem Namen "Boston" fragte vor einigen Wochen ein Unbekannter nach Informationen zu einem im April 1945 im Schloss Biesdorf stationierten SS-Kommando und von diesem im Gebäude vergrabenen Akten.

"Wir dachten, wir sind endlich auf eine heiße Spur gestoßen", sagt Peters, "doch auf unsere Nachfragen reagierte der Schreiber nicht." Dieser habe auch weder Adresse, noch Telefonnummer angegeben. Auch eine Suche von Mitgliedern des Fördervereins im Gebäude selbst nach einem möglichen Aktenversteck blieb erfolglos. "Wir haben alles in Augenschein genommen, aber für Grabungen brauchten wir schon genauere Hinweise", sagt Peters.

Fündig zu werden, hofft der Förderverein auch durch seine Gesprächsreihe mit Zeitzeugen. Die nächste Veranstaltung "Spurensuche" findet am 27. Juni um 19 Uhr im Schloss Biesdorf statt.

Denkmal als Sanierungsfall // Die Turmvilla im Park an der Straße Alt-Biesdorf wurde 1867/68 nach Plänen von Heino Schmieden und Walter Gropius gebaut.

Das Haus gehörte zunächst Hans Herrmann Freiherr von Rüxleben. Letzter Besitzer war die Familie von Siemens. 1927 verkaufte sie Park und Schloss an Berlin. Das Schloss wurde bis 1945 als Polizeirevier, Mutter- und Kinderheim und als NSDAP-Ortsstelle genutzt.

Am 21. April 1945 geriet das Obergeschoss in Brand. Das Stockwerk wurde 1946/47 abgetragen und nicht wieder aufgebaut.

Der Sanierungsbedarf für das denkmalgeschützte Schloss wird auf etwa 20 Millionen Mark geschätzt. Um den zunehmenden Verfall zu stoppen, hat sich im vergangenen Jahr eine Initiative gegründet.

Informationen unter www.heimatverein-marzahn.de

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